Verstehen ohne zu verstehen
Soziologische Systemtheorie und Hermeneutik in vergleichender Differenz
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Ublicherweise beginnt die wissenschaftliche Sozialisation in Einfuhrungen und Proseminaren zur soziologischen Theorie mit einer recht einfach gebauten Unterteilung. Da gebe es auf der einen Seite hermeneutische, verstehende Ansatze, die sich der Sozialwelt aus der Binnenper- spektive der Beteiligten nahern, auf der anderen Seite solche Theorien, die in einer Beobach- terperspektive verharren und dem sozialen Geschehen explizit nicht ubers Verstehen der Akteure, sondern uber eher makrostrukturelle Faktoren zu Leibe rucken. Als geradezu para- digmatischer Fall dieser zweiten Variante gilt ublicherweise die soziologische Systemtheorie, die ja -zumindest in ihrer Luhmannschen Variante -Akteure und ihre psychischen Verste- hensleistungen gar nicht dem Sozialen zurechnet. Nun hat sich entgegen dieser allzu einfachen Einteilung in den letzten Jahren in der deutsch- sprachigen Soziologie eine Debatte uber die hermeneutischen Potentiale der Theorie auto- poietischer Systeme etabliert. Einige Autoren haben zunachst bemerkt, da Luhrnanns Theorie einerseits Theoriemotive und Begrifflichkeiten hermeneutischer Provenienz auf- nimmt, da diese Theorie aber auf den ersten Blick der handlungstheoretischen Anlage der hermeneutischen oder verstehenden Soziologie kaum ferner stehen konnte. Einem zweiten Blick jedoch haben sich einige gemeinsame Fragestellungen gezeigt, bis zu der These rei- chend, die Systemtheorie biete eigentlich die zeitgemaere Hermeneutik, weil sie nicht mehr nur psychische, sondern auch soziale Formen des Verstehens kenne.
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